Author: Franz Hagra
Date: 06:26:24 06/09/04
Wie schon im Posting [http://f23.parsimony.net/forum50826/messages/100677.htm]
vermutet, gibt es beim WM Test Stellung 1 eine verzögerte Nebenlösung.
Auf die Spur brachte mich das untypische Verhalten von Engines, die bei
erreichen höherer Suchtiefe ebenfalls höhere Lösungszeiten bei dieser Aufgabe
aufwiesen. (Beispiel Lösezeit: F8 auf AMD 1400 1 sec AMD 2800 480 sec)
Fritz___time___depth
8c------1-------7/26
6a-----23------10/29
X3D----79------11/32
8-----537------13/36
7d----993------14/37
Datenmaterial Basis M.Meiler: [http://de.geocities.com/krennwurzn/amd2.htm]
Zusatz AMD1400/2800 [http://de.geocities.com/krennwurzn/amd.htm]
Nun konnte ich beobachten, dass etwa ab Tiefe=12 vom Lösungszug (Te3) auf den
Abwartezug (Tad8) geschwenkt wurde und zwar mit einer nur unwesentlich besseren
Bewertung (F8 0,66 Tad8 zu 0,69 Te3) und erst bei Tiefe=13 wieder auf den
primären Lösungszug Te3 zurückgewechselt wurde. Würde nun Tad8 einer falschen
Idee folgen, so wäre der Test in Ordnung, aber Tad8 folgt nach einigen
Zwischenzügen dem Motiv Te3 - dh. Engines, die Tad8 kurz favorisieren erkennen
sehr wohl das Motiv Te3, spielen es aber nicht sofort sondern erst später und
werden vom Test mit einer schlechteren Lösezeit bestraft. (Dies ist ein
grundsätzliches Problemfeld bei Test bei denen natürlich nur Lösezüge abgefragt
werden können und nicht Lösemotive).
<i> eine persönliche Bermerkung sei mir gestattet:
Ich habe auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich von Stellungstest zum
Beurteilen von Spielstärke nichts halte, da man mit diesen einfachen Mechanismen
weder der Kompliziertheit des Schachspiels noch des Computerschachs gerecht
werden kann.
Besonders natürlich auch dann, wenn man Auffälligkeiten in den Daten nicht
nachgeht und Kritik als Beleidigung versteht und diese mit persönlichen
Untergriffen beantwortet </i>
Hagra
Partie zum online nachspielen:
[http://de.geocities.com/krennwurzn/wm_test_1g0.htm]
Download Partie cbv/pgn zip
[http://de.geocities.com/krennwurzn/WM_T1cbv.zip]
[http://de.geocities.com/krennwurzn/WM_T1pgn.zip]
Hagra
anbei noch PGN als Text:
[Event "Baden - WM Test Aufgabe 1"]
[Site "?"]
[Date "1925.??.??"]
[Round "?"]
[White "Reti"]
[Black "Aljechin"]
[Result "*"]
[Annotator ",Hagra"]
[SetUp "1"]
[FEN "r3r1k1/1pq2pp1/2p2n2/1PNn4/2QN2b1/6P1/3RPP2/2R3KB b - - 0 1"]
[PlyCount "4"]
[EventDate "1925.??.??"]
1... Re3 {Die Hauptlösung: Interessant dabei ist, das zB. die Engines Fritz
und Hiarcs bei Erreichen höher Rechentiefen schlechtere Lösungszeiten
aufweisen. (zB. F8 auf AMD 1400 1 sec, aber auf AMD 2800 480 sec). Da
steigende Lösungszeiten bei steigender Rechentiefe eigentlich wiedersprechen,
habe ich mir die Stellung mit Hilfe von Fritz und den vorhandenen Kommentaren
von M. Gurevich (Aachen) und Kasparov (möglicherweise lt. einer
Partiekommentierung) analysiert.} (1... Rad8 {Eine Nebenlösung, die aber nicht
ganz so gut ist wie die Hauptlösung, aber dieselbe Idee verwendet, aber ein
paar Zwischenzüge einschiebt. Fritz schwenkt auf diese Variante bei
Tiefe=12 und bewertet dort diese Variante um 0,03 Bauern besser als das
sofortige Te3. Bei Tiefe=13 schwenkt er wieder auf den Hauptlösungszug Te3
zurück. Dies erklärt das Lösezeitverhalten, dass Fritz diese Aufgabe mit
zunehmender Rechenkraft schlechter löst - denn auf schwächeren Maschinen
erfolgt dieses Intermezzo zur Nebenlösung nicht, da die erforderliche Tiefe
nicht binnen 20 Min. erreicht wird.} 2. bxc6 bxc6 3. Nd3 Re3 {Der Lösezug mit
etwas Verspätung - aber Maschinen und Test können eben keine verbalen
Erklärungen abgeben und sagen: Das selbe Motiv nur eben nach ein paar
Zwischenzügen.} 4. Bf3 Bxf3 5. exf3 Ree8 {Diese Stellung dürfte trotz
Mehrbauern für Weiß kaum mehr zu gewinnen sein (man bedenke ua. die
Möglichkeit sich in ein Endspiel T gegen T+S zu retten)} (5... c5 6. Qxc5 Qxc5
7. Rxc5 Ree8)) 2. Bf3 {Der Hauptlösungsweg - Schwarz erreicht durch
Königsangriff Gegenchancen und den Remishafen (Analyse u.a. M.Gurevich,
Kasparov)} ({Excurs: Die interessantesten Varianten ergeben sich allerdings,
wenn man sich nicht um das Hauptproblem (Nebenlösung Ja/Nein) kümmert, sondern
untersucht, ob Weiss es wagen kann mit Lg2 auf Gewinn zu spielen.} 2. Bg2 Rxg3
3. e3 Rxg2+ (3... cxb5 4. Qf1 (4. Nxb5 $2 {von M. Gurevich angegeben ist
sicherlich nicht der beste Zug für Weiß. Die Alternativen Df1 und Dxb5!} Qe5
$40) (4. Qxb5 Rxg2+ 5. Kxg2 b6 6. Nd3 Qe7 $11) 4... Rxg2+ 5. Qxg2 $11) (3...
Nxe3 4. fxe3 {und den Idee De5, Lh3 oder Sd5 dürfte nicht funktionieren.}) 4.
Kxg2 Qe5 5. bxc6 (5. Ra2 $2 {Dieser von Fritz in den Lösungsvarianten lange
als vorteilhaft bewerteter Zug verliert - Fritz sieht das allerdings erst
relativ spät (vielleicht ein Grund warum er zur Nebenlösung 1. Tad8 bei gr.
Rechentiefe schwenkt)} Rxa2 6. Qxa2 b6 $1 7. Qa8+ Kh7 {und Schwarz gewinnt})
5... Qh5 {und nun kommt man in einen interessanten Variantengarten, den ich
hier nur kurz ohne Kommentare skizzieren möchte.} 6. cxb7 (6. Kg1 Rb8 (6... Bh3
7. f4 Qg4+ 8. Kh2 Nxe3)) (6. Rh1 Qg6) 6... Bh3+ (6... Rb8) (6... Re8) 7. Kh1
Be6+ 8. Kg1 Qg4+ 9. Kh2 (9. Kf1 Nxe3+)) 2... Bxf3 3. exf3 {Im WM Test steht
nun: "als einzig richtige Antwort. Aber mehr als Ausgleich ist fuer Weiss
nicht mehr drin." Eine etwas dünne Aussage bzgl. der Stellung und man darf
die Frage stellen, ob nicht die Stellung, die sich durch die Nebenlösung
ergibt ein klareres Bild vom Ausgleich zeichnet.}
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Last modified: Thu, 15 Apr 21 08:11:13 -0700
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